Wirbellosenwelt

 

In letzter Zeit tauchen wieder vermehrt Marmorkrebse bei Hobbyzüchtern und sogar im Handel auf. Verkäufer nutzen die Unwissenheit von Anfängern und bringen so den Marmorkrebs unter die Leute, manchmal auch ohne sich der Problematik die daraus für den Halter entsteht, wirklich im Klaren zu sein. Falsches Handeln dieser Halter führt zu unkalkulierbaren Risiken, wie man ganz gut an der dramatischen Situation in Madagaskar sehen kann.

Der Marmorkrebs - Procambarus spec.

Bildquelle: Chris Lukhaup (vielen Dank für die Erlaubnis zur Nutzung auf meiner Homepage. Mehr zum Tierfotografen und Crusta Hunter Chris Lukhaup findet ihr hier... und seine Bücher hier...)

 

Problematik Marmorkrebs - was ist denn nun das Problem?

Grundsätzlich gibt es beim Marmorkrebs erst mal 2 Probleme, die aber in ihrem Verlauf zu weiteren Problemen führen:
 

1.   Jungfernzeugung!

Marmorkrebse sind zur Parthenogenese (Jungfernzeugung) fähig, bisher wurden nur ausschliesslich weibliche Tiere gefunden. Was heißt Jungfernzeugung? Das bedeutet, dass sich die Tiere selbst befruchten können. Einzelhaltung bringt also nichts, um weitere Populationen des Marmorkrebses zu verhindern. Auch einzeln gehaltene Tiere können so alle 6 - 8 Wochen an die 200 Babys hervorbringen. 

Das hört sich jetzt für Anfänger anfangs noch ganz toll an, wenn man aber bedenkt, dass nur Anfänger ihrerseits wieder einen Marmorkrebs kaufen, bedeutet es dass man auf diesen 200 Babys sitzen bleibt. Und selbst wenn man "einen Dummen" findet, der aus Unwissenheit so einen Krebs abnimmt, kann man sicher sein dass dieser jemand spätestens wenn er selbst die ersten 200 Babys hat und die Euphorie über den "Zuchterfolg" abgeklungen ist, ziemlich sauer auf einen sein wird. (War sarkastisch gemeint, eine Weitergabe von Marmorkrebsen ist absolut verantwortungslos und sollte moralisch für jeden seriösen Krebshalter ausser Frage stehen!)

Gehen wir mal von unserem ersten unerfahrenen Halter aus, der in seinem Aquarium nun die Mama und ca. 200 Babys sitzen hat. (Eine durchschnittliche Annahme, es wurde sogar schon von bis zu 400 Babys berichtet). Da die vielen Babys in einem üblichen Anfängeraquarium mit 80 oder 100 cm Kantenlänge viel zu wenig Platz finden, werden sie sich gegenseitig fressen da sie kannibalistisch veranlagt sind. Evtl. werden auch größere Fische den einen oder anderen Babykrebs fressen, so dass der Halter nach 2 Monaten vielleicht nur noch 50 Babys + die Mama im Becken hat. Selbst das würde den Rahmen jeden privaten Aquariums sprengen. Was aber, wenn das Muttertier wie üblich nun die nächsten 200 Babys freilässt? 

Auch hier können wir wieder davon ausgehen, dass ein Großteil der Babys seinen Geschwisterchen oder Fischen zum Opfer fällt. Aber die schlauesten kommen durch, weil sie sich im Filter oder unter Wurzeln und Steinen verstecken und warten, bis sie groß genug sind um die Angriffe abwehren zu können. Man kann leicht hochrechnen, wie die Population innerhalb von 4 Monaten nach Entlassen der ersten Babys trotz dieser Dezimierung angewachsen ist. Aber nun kommt der Knaller, denn nach 4 Monaten ist nun schon auch der erste Nachwuchs geschlechtsreif und fängt an, selbst Eier zu entwickeln. Und ca. 6 Wochen später sind die nächsten Babys geschlechtsreif... 

Aber nicht nur der nicht zu hemmende Vermehrungsdrang dieser Art ist ein Problem. Denn wenn man an der Frage angelangt ist "Wohin mit all dem Nachwuchs", kommt man schon zum nächsten Problem:

 

2.   Krebspest!

Marmorkrebse sind Überträger der Krebspest. Die Krebspest ist die schlimmste Erkrankung bei Krebsen, da sie unheilbar ist und der Verlauf der Krankheit nach Auftreten der ersten Symptome zu 100 % tödlich endet. Bei der Krebspest handelt es sich um einen Eipilz, der von amerikanischen Krebsarten (u.a. Procambarus, Cambarus, Cambarellus,…) übertragen wird. Für australische und europäische Flusskrebsarten wie z. B. Cherax verläuft diese Pilzerkrankung tödlich, während alle amerikanische Flusskrebsarten wie Procambarus, Cambarellus, Cambarus, etc. zwar ebenfalls infiziert werden, aber normalerweise nicht daran sterben. 

Im Aquarium können diese Sporen durch jede Wasseranhaftung von einem Aquarium ins andere übertragen werden, also sowohl durch Pflanzen, Tiere & Pflegezubehör (Kescher, Pinzetten etc.), als auch durch das Wasser selbst. 

Marmorkrebse können also in keinem Fall mit australischen oder europäischen Flusskrebsarten vergesellschaftet werden. Jeder Halter sollte sicherstellen, dass weitergegebene Tiere auf keinen Fall in Aquarien mit diesen Arten eingebracht werden und der zukünftige Halter über die Krebspest informiert ist. Beim Wasserwechsel ist unbedingt darauf zu achten, dass keine kleinen Babys mit dem Wasser "entsorgt" werden und so in die Umwelt gelangen. Sie sind sehr anpassungsfähig und können daher auch in heimischen Gewässern gut überleben. 

Auf keinen Fall dürfen Marmorkrebse im Teich gehalten werden, da Krebse nachts gern den Teich auf der Suche nach anderen Gewässern verlassen und und so in heimische Seen und Bäche gelangen können. Das Aussetzen von Marmorkrebsen in der Umwelt ist absolut TABU und strafbar! Auch so abwegige Ideen wie das Verwenden von Marmorkrebsen als Fischköder in heimischen Seen und Flüssen gehören in meinen Augen in die Kategorie "mutwillige Verbreitung der Krebspest". Ist ein Gewässer erst mal infiziert, kann die Krebspest über Wasservögel, kontaminierte Boote und Fischereizubehör oder auch über Krebse, in andere Gewässer übertragen werden.

Mehr zur Krebspest könnt ihr hier nachlesen: Vorsicht vor der Krebspest - ein MUSS für jeden Krebshalter!

Ich habe anfangs auf die Problematik in Madagaskar hingewiesen - was ist hier nun das Problem? Da der Marmorkrebs extrem anpassungsfähig ist was die Haltungsbedingungen, Wasserwerte und Futter betrifft, hat er sich in Madagaskar so weit verbreitet, dass die dort heimischen 7 Flusskrebsarten bedroht sind. Und nicht nur die Themen Faunenverfälschung und Krebspest, sondern auch die extremen Vermehrungsraten wurden beim Marmorkrebs zum Problem. Da sie alles fressen, was ihnen vor die Nase kommt, wurden Fischbestände bereits stark dezimiert. Auch für die Bevölkerung wurden die Marmorkrebse zum unmittelbaren Problem, da sie auch Reispflanzen etc. im großen Stil vernichten. Hier habe ich Euch ein paar weiterführende Links zur Problematik aufgelistet:

http://wordpress.crustahunter.com/marmorkrebse-eine-grose-gefahr/

http://www.wirbellosen-auktionshaus.de/news.cfm?newsID=42

http://www.stern.de/wissen/natur/umwelt-plage-marmorkrebse-bedrohen-madagaskar-1594947.html

Auch in Deutschland haben wir durch unbedachtes Handeln schon einiges an Verfälschung der Fauna und Flora verursacht. Daher ist es wichtig, besonders viele Leute zu informieren und weitere Risiken zu minimieren. Bitte teilt diese Information weiter, damit wir unserer Umwelt und den Tieren in unseren Anlagen weiteren Schaden ersparen!

 


Ich habe bereits einen Marmorkrebs - was mache ich nun?

Schlimm, wenn man sich aus Unerfahrenheit einen Marmorkrebs eingehandelt hat. Auf jeden Fall sollte der Halter nun aber alles Mögliche versuchen, um die weitere Verbreitung der Tiere zu verhindern.

Vor Kurzem wurde mir von einer Halterin gesagt, dass sie die Eier mit einer weichen Zahnbürste abstreift, um wenigstens die ungehemmte Fortpflanzung zu verhindern. Da die Tiere nur etwa 2 Jahre alt werden und die Tiere in dieser Zeit etwa 10 - 12 Mal tragen, ist der Aufwand nicht zu groß, erfordert aber eine genaue Beobachtung des Tieres.

Neben der Verhinderung weiterer Nachzuchten sollte man außerdem besondere Sorgfalt beim Wasserwechsel walten lassen und verhindern, dass ein Jungtier oder kontaminiertes Wasser in unsere Umwelt gelangt.

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