Wirbellosenwelt

 

Der orange Zwergkrebs, auch CPO genannt, ist eine Zuchtform des Cambarellus patzcuarensis (Nominatform). Dieser kommt ausschließlich im Lago de Pátzcuaro, einem Kratersee im Bundesstaat Michoacán in Mexiko vor. CPO sind kleine Raufbolde und sollten daher nur in gut strukturierten Aquarien mit ausweichend Verstecken gehalten werden. Der Jagdtrieb der frechen Krebse kann durch abwechslungsreiche und proteinreiche Ernährung etwas reduziert werden. Die Vergesellschaftung mit größeren Schnecken, Garnelen und kleinbleibenden, friedlichen Fischen ist möglich, allerdings kann man nie ausschließen dass schwache oder kranke Tiere erbeutet werden. Ich persönlich empfinde dies aber als natürliche Selektion wie sie auch in der Natur vorkommt und denke auch, dass dies mit ein Grund dafür ist, dass ich keine Krankheiten in den Aquarien habe. 

Cambarellus patzcuarensis orange

 

Im Ursprungshabitat wurde ein Leitwert von etwa 800 µS gemessen, die Gesamthärte schwankt zwischen 12,5 und 18 dGH. Die Karbonathärte ist unbekannt. Der ph-Wert ist sehr hoch, bei etwa 9, die Krebse kommen aber auch mit deutlich niedrigeren Werten ab 6,8 super zurecht. Die Temperatur des Sees schwankt je nach Saison zwischen 15 und 25 Grad. In meinen Aquarien liegt der Leitwert bei etwa 700 - 900 µs. Durch Erlenzäpfchen und Laub ist mein ph-Wert deutlich niedriger als im Ursprungs-Habitat. Das macht aber nichts, da es sich um nachgezüchtete Tiere handelt, die bei diesen Werten aufgewachsen sind. Außerdem sind die Krebse bei den Wasserwerten sehr anspruchslos, es sollte nur darauf geachtet werden, dass ein regelmäßiger, nicht zu extremer Wasserwechsel durchgeführt wird, bei dem die Temperatur nicht zu stark absinkt (Risiko von Schockhäutungen).

Sie benötigen viele Verstecke und Röhren, da CPO`s untereinander schon kleine rauflustige Rabauken sein können und sich ein Wurf so selbst sehr schnell dezimieren kann. Als Beckeneinrichtung bringe ich daher so viele Tonröhren wie möglich im mittleren Aquarienbereich ein und lege Wurzeln darüber, um sie optisch etwas zu verstecken. Teile von gelochten Ziegelsteinen oder Filterröhrchen wie Siporax lege ich zwischen die Pflanzen im hinteren Bereich. So sind sie nicht sichtbar, bieten aber frisch geschlüpften Tieren und kleineren Jungtieren Schutz.

Da CPO latente Überträger der Krebspest sind, dürfen sie auf keinen Fall mit australischen oder europäischen Arten vergesellschaftet oder gar im Gartenteich gehalten werden (Abwanderung in heimische Gewässer und Verschleppung der Krebspest). Mehr zur Krebspest findet ihr hier…

 

Kauf und Eingewöhnung

CPO sind häufig im Zoofachhandel zu bekommen. Auch auf Kleinanzeigen-Portalen im Internet kann man sie meist direkt von Züchtern in der näheren Umgebung zu günstigen Preisen finden. 

Falls in Eurer Nähe kein Züchter Abgabetiere anbietet, könnt ihr Euch Krebse auch relativ sicher (bei passenden Außentemperaturen und passender Verpackung) per Paket schicken lassen. Beim Erhalt von Tieren per Paket kontrolliere ich den Zustand der Tiere und Behältnisse möglichst vorsichtig (nicht in grellem Licht). Wenn das Transportwasser keine Auffälligkeiten wie starke Verkotung, strengen Geruch etc. aufweist, lasse ich die Tiere im Transportbehältnis möglichst stressfrei Raumtemperatur annehmen. Hierbei sollte grelles Licht und Herumhantieren vermieden werden. Je nachdem wie stark die Temperatur von der Raumtemperatur abweicht (z. B. im Winter), kann das ruhig ein paar Stunden dauern. Wenn sich die Temperatur des Transportwassers an die Temperatur des Aquariums angepasst hat, kann man die Krebse direkt ohne weitere Wasseranpassung ins Aquarium einsetzen. Krebse sind zur Osmoregulation fähig und können die Wasserparameter selbst angleichen. 

In der Eingewöhnungsphase empfehle ich das Licht stark zu dimmen oder auszuschalten. Zum dimmen nutze ich gern Schwimmpflanzen oder Seemandelbaumblätter/Laub, das ich einfach ohne Überbrühen auf die Wasseroberfläche auflege. Auch anderes unbehandeltes und schwimmfähiges Material kann man dafür nutzen. Dann können die Krebse das neue Revier bei schummriger Beleuchtung ganz in Ruhe erkunden. Am ersten Tag füttere ich normalerweise nicht, da die Tiere das Futter meist eh nicht annehmen und sich erst akklimatisieren.

Wichtig ist, dass das Aquarium gleich nach dem Einsetzen wieder lückenlos abgedeckt wird. Gerade in der Eingewöhnungsphase erkunden die Krebse ihr neues Revier recht gründlich. Krebse sind wahre Ausbruchskünstler und finden oft durch schmale Ritzen oder Aussparungen einen Weg nach draußen. In der Natur verlassen sie oft des Gewässer - hier haben sie aber den Vorteil, dass sie meist problemlos entweder ins alte oder in ein neues Gewässer kommen. Im Aquarium gibt es diese Möglichkeit leider nicht. Außerhalb des Aquariums können sie nur eine bestimmte Zeit überleben und da der Weg zurück ins Aquarium nicht möglich ist, findet man sie meist nach Tagen vertrocknet unter irgendeinem Möbelstück. Leider ist das vielen Haltern noch nicht bewusst und so ist der Ausbruch aus dem Aquarium leider immer noch eine der häufigsten Todesursachen bei Krebsen.

Was tun, wenn man einen Ausbrecher noch lebend, evtl. auch bewusstlos wiederfindet? Auf keinen Fall sofort wieder ins Aquarium geben. Man weiß ja nicht, wie feucht die Kiemen des Ausbrechers noch sind. Und auch auf keinen Fall sofort aufgeben nur weil er sich nicht mehr bewegt - einen Rettungsversuch sollte man in jedem Fall versuchen! Wie das geht könnt ihr hier nachlesen...

 

Körperbau

CPO gehören zu den Dekapoden (Zehnfußkrebse). Sie verfügen über 5 Schreitbeinpaare, wovon die ersten 3 (vom Kopf her gerechnet) mit Scheren ausgestattet sind. Die erste Schere ist davon die Größte, die uns als typische Krebsschere bekannt ist. Garnelen haben dagegen nur an den ersten beiden Schreitbeinpaaren Scheren ausgebildet. 

Wie alle Krebse kann auch der CPO verlorene Gliedmaßen wieder nachbilden. Im Kampf oder bei ruppigen Paarungen verlieren die Tiere oft Scheren oder Beine. Diese wachsen dann unter dem Panzer wieder nach und sind manchmal schon direkt bei der nächsten Häutung wieder vorhanden. Anfangs sind die Scheren natürlich kleiner und blasser gefärbt, wachsen aber relativ schnell. Mehr zum Körperbau gibts hier...

 

Häutung

Die Häutung ist leider eine der häufigsten Todesursachen bei Krebsen. Zum einen, weil sie nach der Häutung durch den anfangs extrem weichen Panzer ihren Fressfeinden schutzlos ausgeliefert sind, zum anderen weil es sich hier um einen wahnsinnig komplexen Ablauf handelt, der halt leider auch einfach schief gehen kann. Und auch für den Halter bietet die Häutung einige Schockmomente. Viele erschrecken beim Blick ins Aquarium, weil sie eine Exuvie (abgelegter Panzer) für einen toten Krebs halten. Oder die Häutung ging schief, dem Tier fehlen Gliedmaßen oder sind fehlgebildet, Kiemen liegen plötzlich außen oder wenn es richtig schlimm läuft, kommt das Tier erst gar nicht aus seiner Haut. Aber ich will hier nicht zu schwarz malen, denn zum Glück gehen ja die meisten Häutungen gut.

Man merkt schon vorher, dass der Krebs sich in Kürze häuten wird. Meist sieht man das auch schon an der Häutungsfuge. Der Krebs frisst nun auch nicht mehr und resorbiert bis zu 25 % der Mineralien aus der alten Hülle. Dann pumpt er seinen Körper mit Wasser auf, bis der alte Panzer an der Häutungsfuge aufbricht und zieht sich aus dem aufgeplatzten alten Panzer. Ein Sekret zwischen dem alten Panzer und dem darunter gebildeten, noch weichen Panzer erleichtert diesen Vorgang. Mehr zur Häutung findet ihr hier..

 

Beckeneinrichtung:

CPO Krebse klettern gern, daher sollte man Steine, Wurzeln und Pflanzen verwenden, die es ihnen ermöglichen dieser Vorliebe nachzugehen. Allerdings muss unbedingt darauf geachtet werden, dass das Aquarium komplett abgedeckt und alle Öffnungen sicher verschlossen sind. Zu oft liest man von "ausgebüxten" Krebsen, die nach einer Erkundungstour im Zimmer jämmerlich unter einem Schrank vertrocknet sind und oft erst nach Wochen gefunden wurden. Eine Anleitung wie man ausgebrochene Krebse wieder einsetzt, findet ihr hier.

Ich halte meine CPO`s in verschiedenen Garnelenaquarien (Neocaridina Yellow Fire, Red Fire, Sakura), meist in einer Geschlechterverteilung von 1 Männchen auf 2-3 Weibchen, damit die Männchen die Weibchen nicht zu sehr bedrängen. Als Bodengrund habe ich schwarzen Kies (Basaltkies oder harzummantelter Kies, da dieser im Gegensatz zu normalem Farbkies nichts ans Wasser abgibt) verwendet und viele Röhren in verschiedensten Größen unter, bzw. hinter die Wurzeln eingebaut. Auch in der dichten Bepflanzung habe ich Verstecke aus Siporax Tonröhren und gebrochenen, gelochten Ziegelsteinen integriert. Jedes Aquarium enthält außerdem Naturmaterialien wie Rinde, Wurzeln,  Laub (Buche, Walnuss, Esskastanie, Seemandelbaum, Kirsche,...) und Erlenzäpfchen. 

Damit sich eiertragende Weibchen gut verstecken können, benötigen sie einseitig geschlossene Bambus- oder Tonröhren, die einen Innendurchmesser von ca.15 mm haben und mindestens 5 cm lang sein sollten. Man kann auch offene Röhren verwenden und so verbauen, dass sie durch einen Stein, Schieferplatten oder auch einfach nur mit einem Stück Filterschwamm verschlossen sind.

 

Ernährung:

Orange Zwergkrebse sind omnivor (Allesfresser). Als Futter nehmen sie Laub (Buche, Eiche, Ahorn, Obst-oder Nussbäume...), Gemüse (Erbsen, Salat, Brennessel, Hokkaido, Gurke…), Fisch, Lebendfutter und Fertigfutter für Krebse oder Welse an. Die Ernährung von CPO Babys sollte sehr proteinreich (> 50 %) sein und nach etwa 2 Monaten auf eine etwas pflanzlichere Ernährung umgestellt werden. Besonders gern jagen und fressen meine CPO lebende Artemia, sie nehmen aber auch jedes Frostfutter, Spirulina-Tabs oder mein selbstgemachtes Garnelenfutter super an. Ein erhöhter Jagdtrieb kann meist durch die Ernährung mit etwas proteinreicherem Futter reduziert werden. 

 

Geschlechtsunterschiede und Vermehrung:

Die Geschlechtsunterschiede bei den CPO sind ziemlich klar zu erkennen, wenn es sich um gleichaltrige Tiere handelt. Die Weibchen sind nämlich mit ca. 4 - 4,5 cm größer und "bulliger" als die Männchen (3 - 3,5 cm). Sicher unterscheiden kann man sie aber bei Ansicht von unten. Ab einer Größe von etwa 1,5 cm kann man die V-förmigen Begattungsgriffeln (Gonopoden) beim Männchen mit geübtem Auge und evtl. einer Lupe schon recht gut erkennen.

Bei Weibchen fehlen diese, stattdessen verfügen sie über eine kleine Öffnung (Annulus ventralis), in die das Männchen das Spermapaket gibt. Diese Geschlechtsöffnung dient zum Speichern des Samens bis zur nächsten Häutung. So erklärt es sich auch, dass manche Tiere auch nach Wochen in Einzelhaltung doch noch tragend werden. Leider habe ich aktuell keine Bilder von CPO machen können, aber hier seht ihr Bilder einer anderen Art, die dieselben Geschlechtsmerkmale hat. Der CPO wäre halt nur orange und die Begattungsgriffel und die Annulus ventralis daher oft sogar noch besser erkennbar:

Auf diesem Bild hab ich die Annulus ventralis mit dem roten Pfeil markiert. Die Kreise markieren die weiblichen Gonoporen am 3. Schreitbeinpaar.

Weibchen des Cambarus manningi


Sehr gut erkennbar sind die V-förmigen Begattungsgriffel der Männchen:

Männchen des Cambarus manningi

 

CPO gehören zu der Krebsfamilie der Cambaridae. Generell können sie sich ganzjährig vermehren und brauchen dafür keine Kältephase wie z. B. der Cambarus manningi. Das bedeutet aber nicht, dass die Tiere immer paarungsbereit sind. Man unterscheidet bei Cambaridae die Lebensphasen in "Form I" und "Form II". In "Form I" sind die Tiere paarungsbereit. Bei den Männchen sind die Gonopoden weich und flexibel und das Weibchen zeigt weiße Ausprägungen unter dem Schwanzfächer. Bei der nächsten Häutung sind sie in "Form II". Dieser Lebensabschnitt dient dem Wachstum, hier finden keine erfolgreichen Paarungen statt. In diesem Abschnitt sind die Gonopoden beim Männchen starr und unflexibel und die Weibchen zeigen keine weißen Ausprägungen. Es können einige Häutungen vergehen, bis die Tiere wieder in "Form I" sind. Hier seht ihr leider etwas unscharf die weißen Ausprägungen bei einem blauen Floridakrebsweibchen: 

Weisse Ausprägungen bei einem vermehrungsbereiten Weibchen 

 

Die Paarung selbst  läuft ziemlich "unromantisch" ab, meist dreht das Männchen das Weibchen mit Gewalt auf den Rücken. Nicht selten verlieren die Weibchen hierbei auch mal Gliedmaßen, die aber zum Glück wieder nachwachsen. Die Befruchtung der Eier erfolgt erst, wenn das Weibchen die Eier ausstößt. Sie heftet diese an ihre Schwimmfüße (Pleopoden), mit denen sie von nun ab ständig fächelt um ein Verpilzen der Eier durch Sauerstoffzufuhr zu verhindern.

Unbefruchtete oder verpilzte Eier werden vom Weibchen selbst aussortiert. Junge Weibchen brauchen aber manchmal einen Anlauf, um das Pflegen und Sortieren der Eier perfekt und erfolgreich zu schaffen. Daher nicht verzweifeln, wenn der erste Versuch nicht klappt. Meist klappt es dann schon beim zweiten Versuch.

Je nach Alter/Zustand des Weibchens kann sie zwischen 20 und 65 Eier haben. Abhängig von der Temperatur schlüpfen die Babys nach etwa 4 – 5 Wochen. Nun benötigen sie sofort eine Vielzahl von Verstecken und Laub, um nicht dem Hunger ihrer größeren Geschwister zum Opfer zu fallen.

CPO Weibchen können alle 2-3 Monate Eier tragen, wer eine Nachwuchsschwemme befürchtet, sollte daher lieber nur ein Einzeltier oder Tiere gleichen Geschlechts halten.

Ich setze tragende Weibchen in separate Aquarien um, in denen meist nur Posthornschnecken und wenige Neocaridina Garnelen befinden. Hier können sie sich in Ruhe um die Pflege der Eier kümmern.

Nach 3 - 5 Wochen schlüpfen winzige Babys, die sich aber noch bis zu einer Größe von 3-4 mm am Hinterleib ihrer Mutter festhalten und sich dann nach und nach lösen. Nachdem auch das letzte Baby abgesetzt wurde, entferne ich die Mama aus dem Aquarium. Nun sind regelmäßige, kleine Wasserwechsel, viel Laub, Mulm und Verstecke besonders wichtig. Die Jungkrebse häuten sich je nach Futter und Wachstum relativ oft und sind kurz nach der Häutung besonders gefährdet. Filterröhrchen, Stücke einer Japanmatte oder Bruchstücke von feingelochten Ziegelsteinen bieten hier gute Versteckmöglichkeiten. 

Tragendes Weibchen vom Cambarellus patzcuarensis orange

Oranges Zwergkrebs-Weibchen eitragend

CPO Eier

CPO Babys kurz vor dem Absetzen

Hier ein paar Bilder, leider in etwas schlechter Qualität. Leider ohne Makro fotografiert und ich wollte die kleinen auch nicht stressen oder gar umsetzen...

CPO Babys

CPO Babys etwa 1 Tag frei schwimmend

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Ein Freund hatte mich 2009 auf diese wunderschönen und selten erhältlichen Krebse aufmerksam gemacht. Nachdem im Internet nicht wirklich viel Information über den Cambarus manningi zu finden war, hoffte ich einen Züchter zu finden von dem ich die Tiere beziehen und auch mehr über die Haltungsbedingungen erfahren könnte. Leider blieb meine Suche aber lange Zeit erfolglos.

Cambarus manningi - Grünsattelkrebs

 

Am 08.05.2012 hatte ich dann endlich Glück. Bei einer kurzen Stippvisite bei facebook las ich, dass Chris Lukhaup ein paar dieser seltenen Krebse abzugeben hätte. Nun hieß es schnell sein und Chris davon zu überzeugen, dass er ein paar Tiere für mich und auch meine Freunde reserviert. Bis dato kannte ich ihn ja nur von seinen Büchern. Zum Glück klappte alles reibungslos, meine Freunde und ich waren ganz aus dem Häuschen vor Freude. Da Chris diese seltenen Tiere verständlicherweise nicht versenden wollte, organisierte ich mir für den nächsten Tag Urlaub und vereinbarte mit einem der beiden Freunde ein Treffen entlang der Wegstrecke. Von dort aus wollten wir gemeinsam weiterfahren. Schon auf der Fahrt konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Vor allem, da es neben den Krebsen auch ein persönliches Kennenlernen mit Chris beinhaltete, von dem ich schon so viele traumhafte Fotos gesehen hatte und natürlich auch seine Bücher kannte.

Die lange Fahrt von über 300 km (einfache Wegstrecke) war jeden Meter wert. Chris war sympatisch und offen, ein Eindruck der sich auch bis heute nicht geändert hat. Er konnte uns mehr über die Lebensbedingungen der Tiere in den USA erzählen, da er dort schon mehrfach Cambarus manningi gefangen hatte. Da wir bezüglich der Haltungsbedingungen immer noch nicht recht viel wussten, waren das wertvolle Informationen für uns. Die Tiere waren erwartungsgemäß in einem super Zustand, kräftig und gut gefärbt.

Wieder daheim ging`s erstmal ans Umgewöhnen und nach 1,5 Stunden tröpfchenweise Anpassung konnten meine 2 Paare Cambarus manningi nach Mitternacht jeweils in ein Aquarium mit 80 cm Kantenlänge einziehen. Edit 2018: Mittlerweile halte das tröpfchenweise Anpassen des Wassers unnötig und als zu viel Stress für die Tiere. Krebse sind zur Osmoregulation fähig und können die Wasserparameter (außer der Temperatur) also selbst anpassen. Ich achte daher nur noch darauf, dass die Wassertemperatur langsam angeglichen wird (bei stark abweichenden Temperaturen lasse ich die Tiere im abgedunkelten Transportbehälter langsam Umgebungstemperatur annehmen).


Beckeneinrichtung, Vergesellschaftung und Futter:

Von Chris hatten wir die Information, dass er Cambarus manningi in schnell fliessenden, sauerstoffreichen und sauberen Bächen/Flüssen gefunden hatte. Sie leben dort meist unter Steinen und in Steinritzen. Pflanzen, Wurzeln und Laub sind in diesen Gewässern kaum vorhanden. Gern untergraben sie Steine um sich selbst eine Höhle zu bauen. Dementsprechend habe ich die Aquarien ausgestattet.

Als Grundlage habe ich 80er Aquarium verwendet, die schon über 2 Jahre laufen. Anfangs habe ich beide mit je einem Außenfilter (Ansaugstutzen hinter einer HMF Matte) betrieben und außerdem über eine kleine Strömungspumpe zusätzlich Bewegung und Sauerstoff ins Wasser eingebracht. Aufgrund der hohen Strompreise und dem stark gewachsenen Umfang meiner Anlage betreibe ich inzwischen alle Aquarien über HMF und mobile Mattenfilter direkt über einen Kompressor und eine Ringleitung. Statt der Strömungspumpe habe ich bei den C. manningi nun einen weiteren Luftheber ohne Matte im Einsatz, der zusätzlich für Wasserbewegung und Sauerstoff sorgt. Wie man nämlich auch an der Areola (Rückenfuge) der Cambarus manningi erkennen kann, haben sie einen hohen Sauerstoffbedarf. Je breiter diese Fuge, desto höher ist der Sauerstoffbedarf.

Die breite Rückenfuge weist auf hohen Sauerstoffbedarf hin

Während meine anderen Krebs-Aquarien mit Tonröhren, vielen Wurzeln und Pflanzen eingerichtet sind, besteht die Einrichtung meiner manningi Aquarien aufgrund der oben genannten Lebensbedingungen in den USA aus Tonröhren und Steinaufbauten und maximal einer kleineren Wurzel. Da die manningis gern selbst Steine untergraben und sich so eigene Höhlen bauen, habe ich größere Steine mit Tonröhren unterbaut. Gut eignen sich auch Plastikdeckel, wie man sie üblicherweise zum Verschliessen von Plastikrohren am Bau verwendet. Die meisten davon habe ich angesägt, so dass der Krebs sich weiter hineingraben kann und eine einsturzsichere Höhle entsteht. Gegenüber Tonröhren haben sie den Vorteil einer geraden Auflagefläche, aber leider auch den Nachteil, dass sie im Wasser einen leichten Auftrieb haben und man etwas Geschick benötigt, um sie richtig zu platzieren.

Wie Procambarus Arten sind auch die Cambarus manningi leidenschaftliche Schneckenjäger und -fresser. Daher habe ich neben Red Fire Garnelen auch Posthornschnecken eingesetzt. Damit ist sichergestellt, dass Futterverwerter für evtl. liegengebliebenes Futter vorhanden sind, aber auch bei selteneren Futterintervallen (z. B. in der Kältephase) immer genug Futter für die Krebse zur Verfügung steht. Außerdem haben sie durch das Jagen auch gleich eine sinnvolle Beschäftigung. 

Als weiteres Futter dient mein selbst hergestelltes Spirulinafutter, Jumbo Mückenlarven, Krebs-Sticks, Laub etc. Natürlich habe ich auch Grünfutter wie Hokkaido Kürbis, Erbsen etc. ausprobiert aber schnell festgestellt, dass die Manningi tierische und proteinreiche Ernährung dem Grünzeug vorziehen. Anfangs hatte ich deswegen Angst vor Häutungsproblemen, die sich aber bis heute nicht eingestellt haben. Edit 2018: Mittlerweile gebe ich meinen Krebsen außer Erbsen, Brennessel und Hokkaido gar kein Gemüse mehr. Die Gefahr das Wasser unnötig zu belasten, ist mir einfach zu hoch. Aber natürlich ist immer ausreichend Herbstlaub in allen Aquarien vorhanden.

Die beiden Pärchen der C. manningi von Chris haben sich in meiner Anlage sehr gut eingelebt und auch alle Häutungen liefen einwandfrei. Hier ein Cambarus manningi kurz nach der Häutung:

Cambarus manningi kurz nach der Häutung

 
Das ist seine Excuvie (abgelegte Hülle):

Excuvie eines Cambarus manningi

Geschlechtsmerkmale und Geschlechtsunterscheidung:

Die Unterscheidung von Männchen und Weibchen ist bei den Cambarus manningi sehr einfach. Die Weibchen verfügen neben den Gonoporen über eine Annulus ventralis, das ist eine kleine Öffnung, die als eine Art Samenspeicher dient. So können sie den Samen bis zur nächsten Häutung speichern. Auf diesem Bild hab ich Euch die Annulus ventralis mit einem roten Pfeil markiert. Außerdem habe ich die weiblichen Gonoporen am 3. Schreitbeinpaar rot eingekreist. 

Weibchen des Cambarus manningi


Bei den Männchen kann man sehr deutlich die männlichen V-förmigen Gonopoden (Begattungsgriffel) erkennen:

Männchen des Cambarus manningi

 

Zucht:

Die Zucht von Cambarus manningi ist schwerer als bei anderen Krebsarten. Während Krebse wie der CPO, blaue Floridakrebse oder Cherax keine besonderen Anforderungen an die Zuchtumgebung stellen und sich von alleine vermehren, muss man beim Cambarus manningi für eine Kältephase sorgen. Ich hatte Glück und konnte Informationen von Markus Güsgen bekommen. Er hält die Krebse einzeln und setzt sie nur zur Paarungszeit zusammen. Dieses Verfahren habe ich mittlerweile von ihm übernommen und die beiden Paare (bisher paarweise im 80er Aquarium untergerbacht) in einzelne Aquarienabteile umgesetzt. So reduziere ich das Risiko, ein Tier durch Kämpfe oder missglückte Paarungen zu verlieren.

Aber nicht nur die Kältephase stellt den Halter vor Herausforderungen bei der Zucht. Zusätzlich erschwert wird die Zucht von Cambariden durch die unterschiedlichen Lebensabschnitte der Männchens. Man nennt das "Form I" und "Form II" - den Formenwandel.

Männchen:
In Form I sind die Männchen paarungsbereit, die Begattungsgriffel sind biegsam und einsatzbereit. Bei der nächsten Häutung sind sie in Form II. Dieser Lebensabschnitt dient dem Wachstum. Hier sind die Begattungsgriffel starr und verformt, so dass eine erfolgreiche Paarung nicht möglich ist. Mit bloßem Auge sind diese Änderungen für mich nicht erkennbar. Chris hat mir einmal Tiere unter dem Mikroskop und auch die entsprechende Fachliteratur mit Bildern der Begattungsgriffel dazu gezeigt - so kann man es mit etwas Übung dann schon erkennen. Da ich die Ausstattung aber bei mir nicht habe, setze ich paarungsbereite Weibchen mit einem Männchen zusammen und warte ab, ob das Männchen Interesse zeigt. Das merkt man meist recht schnell. Männchen, die in dieser Kältephase bereits erfolgreiche Paarungen (nicht verwechseln mit einer bestätigten Befruchtung) hatten, merke ich mir für Paarungen mit anderen Weibchen vor.

Weibchen:
Beim Weibchen erkennt man die Form 1 recht deutlich an weissen Ausprägungen auch ganz ohne Mikroskop. Auf diesem Bild erkennt man deutlich die weißen Ausprägungen an der Unterseite des Schwanzfächers des Weibchens:

Paarungsbereites Weibchen

Bei manchen Arten erkennt man es sogar bei der Draufsicht auf den Krebs schon deutlich:

Paarungsbereites Weibchen in der Draufsicht

Der Übergang zu Form I kann theoretisch schon bereits bei der nächsten Häutung erfolgen, es kann aber auch zwei oder mehrere Häutungen dauern bis der Krebs wieder in Form 1 ist. Da man aber je 1 Männchen und Weibchen in Form 1 zur Paarung benötigt, ist das gerade bei geringer Stückzahl schon die erste Hürde bei der Zucht.

Die Paarungszeit beginnt ab Oktober, man erkennt den Beginn an den weißen Ausprägungen am Telson des Weibchen (Unterseite des Schwanzfächers). Ab Ende November beginnt die Kältephase, bei der die Wassertemperatur unter 10° C liegen sollte. Bei mir liegt die Untergrenze so bei 7 Grad. Die Kältephase dauert bis Ende März. Gefüttert wird in dieser Zeit nur mit Laub. Bei Bedarf jagen sich die Tiere dann selbst Garnelen oder Schnecken und ich habe kein Risiko von schlechter Wasserqualität durch liegengebliebenes Futter. Die Paarungen finden im Herbst und Winter (also vor und während der Kältephase) statt. Wenn alles geklappt hat tragen die Weibchen im Frühjahr. Man sieht den Erfolg einer Paarung also oft recht zeitversetzt.

Im Gegensatz zur Zucht von Krebsen ohne Kältephase wird die Dauer der Eientwicklung bis zum Schlupf nicht in Tagen bzw. Wochen gerechnet. Da sich diese Eier bei so geringen Temperaturen entwickeln, rechnet man dies in „Tagesgraden“. Je wärmer, desto kürzer die Tragzeit, da die benötigte Anzahl an Tagesgraden schneller erreicht ist. Wer nun aber auf die Idee kommt, die tragenden Weibchen einfach ins Warme zu setzen, wird damit keinen Erfolg haben. Bei zu starken Temperaturwechseln kommt es zu Schockhäutungen und somit zum Verlust der Eier. 

Die Paarung selbst läuft bei Cambariden ziemlich unromantisch ab. Das Männchen dreht das Weibchen auf den Rücken und begattet es. Dies kann einige Stunden dauern. Ich betrachte eine Paarung ab 1 Stunde als erfolgreich, diese Erfahrungswerte habe ich so von Markus übernommen:

Paarung bei den Cambarus manningi


Wie man erkennen kann, setze ich die Tiere für die Paarung in Kunststoffboxen zusammen. Markus bevorzugt die Verpaarung im Aquarium (im Becken des Männchens), bei mir hat das in der Praxis aber leider noch nie geklappt. Da ich außerdem immer eingreifen möchte falls ein Männchen doch zu ruppig wird, finde ich die Kunststoffboxen auch sehr praktisch.

Da meine Kellerräume relativ gut gedämmt sind, war die geforderte Wassertemperatur von unter 10° C für mich ein echtes Problem. Im kältesten Raum konnte ich die Temperatur nur auf 13° C senken. Daher habe ich mir im Dezember 2012 einen Arcadia Aquarienkühler gekauft. Damit konnte ich die Temperatur endlich entsprechend regulieren. Als es dann im Frühjahr draussen etwas wärmer wurde, hab ich die Temperatur in kleinen Schritten langsam angehoben und so der Außentemperatur angepasst. Edit 2018: Da ich mittlerweile zu viele Arten habe, die eine Kältephase benötigen, habe ich es dieses Jahr durch Kühlen des Raums versucht. Leider bin ich mit dem Ergebnis aber noch nicht so ganz zufrieden, ich werde hier noch weiter tüfteln müssen. 

Am 22. Dezember 2012 habe ich das erste tragende Weibchen entdeckt. Allerdings befürchtete ich schon durch die Färbung der Eier (orange), dass diese nicht befruchtet sein könnte. Markus hat diesen Verdacht leider bestätigt und das Weibchen hat die unbefruchteten Eier nach kurzer Zeit abgeworfen.

So sollte es also nicht aussehen:

Weibchen mit unbefruchteten Eiern

 

Am 10. Mai konnte ich mein Glück kaum fassen - obwohl meine Krebse zu spät in die Kältephase kamen, hab ich ein tragendes Weibchen gesichtet, das definitiv befruchtete Eier trug. Ein traumhafter Anblick...

Cambarus manningi haben eher wenige, dafür aber sehr große Eier

Weibchen mit befruchteten Eiern


Am 19.07.2013 dann endlich die Erleichterung. Hier ein paar unscharfe Schnappschüsse der Babys (und natürlich auch von der Mama, um zu zeigen dass sie alle Babys entlassen hat). Die schlechte Färbung liegt am Fotografieren mit Blitz und daran dass die Beleuchtung abmontiert war... Ich denke, dass die Krebse schon ein paar Tage alt sind und sich bisher nur sehr gut versteckt haben:

 

Um Kannibalismus oder Probleme mit dem Wasser so gut wie möglich zu verhindern, habe ich die 30 Babys am 20.07.2013 jeweils in 10er Gruppen aufgeteilt und in 3 getrennte Aquarien umgesiedelt. 

Hierzu habe ich 3 Aquarien verwendet, die bereits seit etwa 1 Jahr ohne Probleme mittels mobilem Mattenfilter betrieben werden. In jedes Becken habe ich zusätzlich einen tschechischen Luftheber eingebracht, der für mehr Sauerstoff und Strömung sorgt. Als Beckeneinrichtung habe ich Ziegelsteine mit kleiner Lochung, kleine Tonröhren, 1 kleinere Wurzel und Mooskugeln verwendet. Gefüttert wird mit Laub und einem Mix von fertigen Futtersorten. Anfangs habe ich versucht proteinarm zu füttern (selbst hergestelltes Spirulinafutter, verschiedene Grünfutter und Garnelenfutter von Tropical, Dennerle, SAK, JBL, Peters Laden...), da ich Häutungsprobleme befürchtete. Allerdings habe ich durch die leeren Blasenschnecken-Häuschen gesehen, dass sich die Krebse die Proteine anscheinend selbst besorgt haben. Daher wechsle ich nun auch mit proteinhaltigen Futtersorten ab und konnte bisher keine Ausfälle durch Häutungsprobleme feststellen. 

 

 

Updates:

  • 21.07.2013: Heute hab ich im "Entlassungsbecken" noch ein Baby-Krebschen gefunden, das sich gut unter dem Laub versteckt hatte. Also sind es jetzt 31 Babys.
     
  • 27.07.2013: Mir war etwas mulmig, ob auch alle Babys das Umsetzen und die ersten Tage gut überstanden haben. Daher hab ich heute mal eine kleine Volkszählung gemacht und bin glücklich, dass alle 31 Cambarus manningi Babys wohlauf sind. Da ich die Baby-Krebse nur in 10er Gruppen in die Aquarien eingesetzt habe, scheinen sich auch die Raufereien in Grenzen zu halten. Sie können sich wohl gut aus dem Weg gehen, denn es fehlt kein einziges Scherchen. Sobald die Krebse weiter wachsen, werde ich sie weiter aufteilen.
     
  • 02.08.2013: Heute morgen habe ich ein paar frisch gehäutete Krebsbabys gesichtet. Aus Angst vor Fehlhäutungen habe ich gleich nochmal Krebschen gezählt. Zum Glück sind alle 31 Krebse wohlauf und bis auf 2 oder 3 kleinere scheinen alle relativ frisch gehäutet zu sein. Ich habe auch unzählige Excuvien gesichtet, an denen sich die Babys gerade zu schaffen machen und sie fressen.

Frisch gehäutetes Baby mit Excuvie

 

  • 23.11.2013: Von den anfangs 31 Babys habe ich noch 27. Sie wachsen sehr langsam, das größte Jungtier ist nach ca. 4 Monaten erst 2,5 cm groß. Aber wie man auf den Bildern sieht, haben schon etwas Farbe bekommen...

4 Monate altes Cambarus manningi Baby

Obwohl sie noch so klein sind, versuchen sie sich auch schon zu beweisen...

Cambarus manningi Jungtiere mit ca. 2,5cm

 

  • 17.03.2018: Umbau auf die neue Kaltwasseranlage. Alle Tiere werden einzeln gehalten und nur zur Paarung zusammengesetzt. Hier ein Bild der fertigen Kaltwasseranlage, allerdings noch ohne Wasser. Alle Abteile werden einzeln mittels Luftheber und Filtermatte gefiltert und mit Strömung versorgt. Außerdem werden alle Becken über das Filterbecken in einem Kreislauf mit Wasser versorgt. Da die Alttiere von Chris nun nach und nach aus Altersgründen sterben, ziehe ich hier eine neue Zuchtgruppe C. manningi heran.

Kaltwasseranlage für meine Cambarus und Faxonius Arten

 

Obwohl die Weibchen mit max. 4,5 cm Körperlänge (ohne Scheren) noch sehr klein sind, gehe ich davon aus, dass sie geschlechtsreif sind. Sie zeigen alle 3 sehr ausgeprägte weiße Ausprägungen an der Unterseite des Telson (Schwanzfächer). Zwischen November und Februar habe ich daher alle 3 mehrfach mit den beiden Männchen verpaart.

Um die Tiere nicht zu stressen, habe ich ganz geduldig bis heute gewartet und konnte heute endlich ein Weibchen mit befruchteten Eiern sichten. Auch ein 2. Weibchen trägt und so wie diese Eier aussehen, ist sie schon etwas länger tragend. Das 3. Weibchen trägt noch nicht. Hier sieht man mal, wie winzig die kleine Dame ist und wie groß dagegen die Eier wirken:

Tragendes kleines Weibchen 2018

 

Ich hoffe, dass die beiden Weibchen die Eier gut versorgen und in einigen Monaten gesunde kleine Cambarus manningi Babys herumwuseln. Für den Fall dass das klappt, werde ich rechtzeitig ausreichend Aquarien und auch meine Aufzuchstation vorbereiten, damit keins der wertvollen Babys einem größeren Geschwisterchen zum Opfer fällt:

Aufzuchtstation für Babys 

 

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Update: Aufgrund der Listung des Procambarus clarkii auf der Liste der invasiven, gebietsfremden Arten ist die Haltung des Altbestandes nur noch bis zu deren Lebensende erlaubt. Weitere Nachzucht und Weitergabe ist verboten. 

Daher habe ich vor in Kraft treten des Verbots viele Tiere abgegeben und die Tiere der hier vorgestellten Truppe alle einzeln gesetzt - heute (28.11.2017) ist nun der letzte P. clarkii aus meinem Bestand einen natürlichen Tod gestorben. Der folgende Beitrag stammt von 2013, ich möchte ihn aber als Zuchtbericht so stehen lassen, da ich die Tiere einfach wunderschön fand. Jeder Wurf eine Wundertüte...

Der Procambarus clarkii var. ghost ist relativ pflegeleicht und kann daher auch von Anfängern mit guten Grundkenntnissen gehalten und gezüchtet werden. Besonders reizvoll ist die variable Zeichnung dieser amerikanischen Flusskrebsart, die jedes Tier zu einem absoluten Einzelstück macht. Ich habe derzeit eine Gruppe von 6 adulten Tieren (3 Männchen / 3 Weibchen) und keine Färbung gleicht der anderen.

Procambarus Ghost Männchen


Und so sehen meine 3 Männchen aus:


Die Jungtiere des Procambarus clarkii ghost sind nahezu farblos, erst mit Erreichen der Geschlechtsreife fangen die Tiere an, ihre einzigartige Färbung auszubilden. Bilder dazu findet ihr im Kapitel "Zucht".

 

Generelles:

Geisterkrebse sind auch am Tag sehr aktiv und leben nicht so versteckt wie viele andere Krebsarten. Sie sind nicht schreckhaft und haben außer regelmäßigem Wasserwechsel und dem Verzicht auf Chemie (kupferhaltige Medikamente, Algenkiller…) keine besonderen Ansprüche an die Wasserparameter.

Da amerikanische Krebse latente Überträger der Krebspest sind, dürfen sie auf keinen Fall mit australischen oder europäischen Arten vergesellschaftet oder im Gartenteich gehalten werden. Mehr zur Krebspest findet ihr in Kürze hier…

 

Größe des Aquariums und Beckeneinrichtung:

Die Mindestgröße für die dauerhafte Haltung eines Pärchens liegt bei 80 cm Kantenlänge, besser wäre aber ein Becken ab 100 cm Kantenlänge. Die Krebse sind relativ friedlich, trotzdem sollten pro Krebs mehrere Versteckmöglichkeiten angeboten werden denn besonders nach einer Häutung müssen die Krebse über eine sichere Rückzugsmöglichkeit verfügen.

Ich verwende hierzu gern Tonröhren und Tonhöhlen (einseitig geschlossene Tonröhre, besonders gut geeignet für tragende Tiere) sowie Kokosnusshöhlen, die man auch gut mit Wurzeln überbauen und so etwas verstecken kann. Meine ghost graben kaum, dies könnte aber auch damit zusammenhängen dass ich ausreichend Verstecke zur Verfügung stelle und die Tiere sich daher nicht selbst irgendwo eine Höhle bauen müssen.

Man hört sehr oft, dass Procambarus clarkii, alleni oder „Ghost“ alle Pflanzen fressen oder abschneiden. Daher raten die meisten von einer Haltung mit Pflanzen ab, was ich aber weder als optisch reizvoll, noch sinnvoll erachte. Stattdessen muss man den Tieren einfach etwas geschmacklich Interessanteres anbieten und sicherstellen, dass auch jeder Krebs seine Ration abbekommt. Ich füttere daher alle adulten Procambarus Krebse in den bepflanzten Aquarien täglich mit der Pinzette. Das hat gleichzeitig den Effekt, dass ich die Tiere sehe und evtl. Probleme oder tragende Tiiere erkennen kann. Natürlich sind meine Krebsaquarien deutlich spärlicher bepflanzt als die Fischaquarien, und da ich keinen Dünger verwende ist auch der Pflanzenwuchs nicht so stark – trotzdem rundet ein bisschen Grün in meinen Augen ein Aquarium erst richtig ab.

Außerdem bieten Pflanzen auch Rückzugsmöglichkeit für Garnelen oder kleine Fische, die ich meist mit den Krebsen vergesellschafte (mehr dazu im Thema „Vergesellschaftung“). In den Krebsaquarien verwende ich daher gern Pflanzen wie Vallisneria gigantea, Echinodorus in diversen Arten, Mooskugeln, Hornkraut…).

In den Aufzuchtbecken mit vielen kleinen und halbwüchsigen Krebsen füttere ich natürlich nicht mit der Pinzette, hier bringe ich aber eher die nicht mehr so schönen Pflanzen unter, die dann auch gerne gefressen werden dürfen.  

Wie in allen meinen Krebsaquarien, habe ich natürlich auch bei den Procambarus clarkii var. "Ghost" immer viel Laub im Aquarium. Es dient zum einen als Nahrung und zum anderen als Versteckmöglichkeit für den Nachwuchs. Tragende Weibchen ziehen oft Laub direkt in die Höhlen und verschließen diese regelrecht mit Laub. Möglicherweise ist das Laub auch einer der Gründe, wieso es bei mir mit den bepflanzten Aquarien so problemlos läuft während bei anderen regelmäßig alle Pflanzen gefressen werden...  

WICHTIG: Auf jeden Fall muss darauf geachtet werden, dass das Aquarium lückenlos abgedeckt ist. Krebse sind wahre Ausbruchskünstler und finden oft durch schmale Ritzen oder Aussparungen einen Weg nach draußen. Dort können sie aber nur geringe Zeit überleben und da der Weg zurück ins Aquarium nicht möglich ist findet man sie meist nach Tagen vertrocknet unter irgendeinem Möbelstück…

  

Vergesellschaftung:

Procambarus clarkii var. ghost sind relativ friedliche Krebse, die man gut mit friedlichen Fischen und Garnelen vergesellschaften kann. Ich züchte in einem Ghost-Aquarium zeitweise Schwielenwelse und Tiger Endler Guppy und habe immer sehr viele Nachzuchten. Allerdings muss man immer damit rechnen, dass die Krebse auch mal schwächere oder kranke Tiere fressen könnten. Mich hat das bisher nicht gestört, da ich denke dass dies mitunter ein Grund dafür ist, dass ich keine Krankheiten in den Aquarien habe. 

  

Futter:

Procambarus sind Allesfresser (omnivor), nehmen aber bevorzugt pflanzliche Kost an. Wie ich bereits im Kapitel "Beckeneinrichtung" erwähnt habe, neigen einige Procambarus Arten dazu, Aquarienpflanzen zu fressen. Ich verhindere dies durch Fütterung aus der Pinzette (um sicherzustellen dass jeder Krebs seine Ration Futter erhalten hat und sich nicht doch noch an den Pflanzen vergreift), viel Laub und durch abwechlungsreiche Fütterung mit hohem und hochwertigem Grünfutteranteil. Deshalb steht mein selbstgemachtes Spirulinafutter, Erbsen (gefroren und kurz in warmes Wasser eingeweicht um sie leicht zerdrücken zu können), überbrühtes Bio Gemüse (Salat, Spinat, Brennessel, Gurke, getrockneter Hokkaido,...) sowie diverse Futtersticks regelmäßig auf dem Speiseplan. Hier ein paar Schnappschüsse einer Lieferung mit meinem selbstgemachten Spiruliafutter....

Fütterung mit Pinzette

 

Geschlechtsunterschiede und Zucht:

Die Geschlechterunterscheidung bei Procambarus Krebsen ist sehr einfach. Das Männchen verfügt über Begattungsgriffel, während man beim Weibchen die Geschlechtsöffnung erkennen kann. Ich lade hier in Kürze ein Bild hoch, auf dem man die Unterschiede sehr deutlich erkennen kann.

Der Procambarus clarkii var. "ghost" gehört zum spezialisierten Fortpflanzungstyp. Das Weibchen trägt die Eier je nach Temperatur 3 – 4 Wochen am Hinterleib. Die fertig entwickelten Jungen lösen sich nach und nach von ihrer Mutter. Sie sind kannibalisch veranlagt, daher müssen viele kleine Röhren und Verstecke ins Aquarium eingebracht werden. Ich verwende hierfür gern Ziegelsteine mit kleinen Öffnungen und viel Laub, da sich die Babys auch gut zwischen den Laubschichten verstecken können.

Bei der Ernährung der Nachzuchten ist es wichtig, einen Mittelweg zu finden, so dass man den Kannibalismus so gering wie möglich hält, aber keine Häutungsschäden riskiert.

Hier ein paar Schnappschüsse meiner Babys vom 19. August - und natürlich der stolzen Mama:

Procambarus clarkii var. "Ghost" Weibchen

 

Updates:

  • 15.09.2013: Hier ein paar Schnappschüsse der nun gut 1 Monat alten Babys. Sie sind jetzt 2 - 2,5 cm groß. Der hellblaue Krebs ist natürlich kein ghost Baby, sondern ein kleiner Floridakrebs... 


Krabbelgruppe Procambarus ghost, 1 Monat alt

 

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Die Krebspest ist wohl die schlimmste Erkrankung bei Krebsen, da sie unheilbar ist und der Krankheitsverlauf nach Auftreten der ersten Symptome zu 100 % tödlich ist. Leider gibt es immer noch Krebshalter, denen die Krebspest nicht bekannt ist, oder die die Gefahr, die von der Krebspest ausgeht unterschätzen. Auch der Zoofachhandel schweigt das Thema gern tot, da es kein Medikament dagegen gibt – oft wissen die Verkäufer auch gar nicht, dass es die Krebspest überhaupt gibt. Eine gefährliche Wissenslücke, denn die Krebspest gefährdet nicht nur die Krebse in unseren Aquarien, sondern auch die Krebse in unseren heimischen Gewässern.

Krebspest – was ist das?

Bei der Krebspest handelt es sich um einen Eipilz, der von amerikanischen Krebsarten (u.a. Procambarus, Cambarus, Cambarellus,…) übertragen wird. Für alle australischen und europäischen Flusskrebsarten wie z. B. Cherax verläuft diese Pilzerkrankung tödlich, während alle amerikanischen Flusskrebsarten wie Procambarus, Cambarus, Cambarellus, etc. zwar ebenfalls infiziert werden, aber normalerweise nicht daran sterben. Wenn sie infiziert werden, kann ihr Immunsystem den Erreger normalerweise in Schach halten, solange nicht andere Erkrankungen, Stress oder starke Wasserbelastungen hinzukommen. Unter diesen ungünstigen Bedingungen kann es sein, dass auch amerikanische Flusskrebse ebenfalls Opfer der Infektion werden. Entscheidend aber ist, dass sie den Erreger übertragen können, ohne jegliche Anzeichen der Symptome zu zeigen.

Bei Infektion eines nordamerikanischen Krebses dringt der Pilz nur in die äußere Hautschicht des Wirts ein. Die körpereigenen Enzyme greifen den Pilz an und verhindern die Ausbreitung im Körper. Der Farbstoff Melanin wird um den Pilz abgelagert und kapselt diesen ein. Mittlererweile konnte nachgewiesen werden, dass auch heimische Krebse bei Eindringen des Pilzes Melanin an der Befallstelle produzieren, dieses jedoch den Parasiten nicht erkennt und somit nicht einkapseln kann. Daher kommt es zu einer raschen Ausbreitung und zum typischen Krankheitsverlauf.

Die Infektion erfolgt über Zoosporen des Fadenpilzes „Aphanomyces astaci“, der zur Gruppe der Eipilze gehört. Diese Sporen können sich mit Hilfe von 2 Geißeln bewegen und nach einem neuen Wirt suchen. Hat eine Spore einen Wirt erreicht, werden die Geißeln abgeworfen und eine Zyste gebildet. Die Spore versucht nun, in den Krebs einzudringen. Falls sie nicht auf einem Flusskrebs gelandet ist, bildet sie erneut Geißeln und setzt die Suche nach einem geeigneten Wirt fort. Dieser Vorgang kann jedoch insgesamt nur zwei bis dreimal wiederholt werden, da die Substanz der Zelle dann aufgebraucht ist. Hat die Spore einen Flusskrebs gefunden, bildet sie eine Zyste, dringt in ihn ein und entwickelt sich zu einem Pilz. Einmal eingedrungen breitet sich der Pilz ungehindert aus.

Übertragungsmöglichkeiten

Im Aquarium können die Sporen durch jede Wasseranhaftung übertragen werden, also sowohl durch Pflanzen, Tiere & Pflegezubehör (Kescher, Pinzetten etc.), als auch durch das Wasser selbst. In der Umwelt kann eine Infektion sowohl über Flusskrebse, als auch über andere Tiere (Wasservögel etc.) oder durch kontaminierte Boote und Fischereizubehör übertragen werden.

Hier ein paar Beispiele der Übertragungsmöglichkeiten:

Im Aquarium durch:
- Einbringen von Tieren und Pflanzen aus infizierten Aquarien
- Einsetzen von Krebsen in infizierte Aquarien (vor Neubesatz mindestens 4 Wochen ohne Tiere laufen lassen)
- Verwendung von Keschern, Pinzetten etc. aus infizierten Aquarien
- Wechselwasser aus infizierten Aquarien
...

In der Umwelt durch:
- Aussetzen infizierter Krebse in öffentliche Gewässer 
- unabsichtlich durch Teichhaltung, da Krebse oft den Teich verlassen und andere Gewässer aufsuchen
- Wasservögel oder Insekten
- Angler oder Wassersportler und deren Gerätschaften (auch Verwendung von infizierten Krebsen als Fischköder…)
- …


Symptome und Krankheitsverlauf

Ist das befallene Tier nicht immun gegen den Eipilz, beginnen die äußeren Anzeichen einer Infektion frühestens 1 Tag nach der Infektion mit dem Verlust des Fluchtreflexes. Auch braune Verfärbungen am Panzer oder weiße Stellen in der Muskulatur können auftreten. Der Krebs schwankt und ist meist nicht mehr in der Lage, koordiniert zu laufen. Weiteres Anzeichen ist auffälliges Kratzen an Augen, Abdomen und Gliedmaßen. Meist kippt das Tier seitlich um, zeigt Lähmungserscheinungen und bleibt oft längere Zeit lethargisch auf der Seite liegen. Zum Ende bricht der Pilz meist an Augen und Gelenken durch, das Tier verliert die Gliedmaßen und verstirbt.


Verminderung des Infektionsrisikos

Am sichersten ist die Entscheidung, entweder amerikanische oder „nicht-amerikanische“ Krebse zu halten. Selbst in getrennten Räumen und mit völlig unterschiedlichem Zubehör (Kescher, Pinzetten, Schläuche, Mulmabsauger etc.) ist die Haltung beider Arten wirklich sehr schwierig und risikoreich. Alleine die Wasseranhaftung an den Händen könnte zu einer Infektion führen. Bei Besatzwechsel muss mindestens eine Wartezeit von 4 Wochen eingehalten werden.

Aber auch für die Umwelt geht von den amerikanischen Tieren ein Risiko aus. Diese Tiere sollten in keinem Fall im Teich gehalten werden, da sie oft nachts das Gewässer verlassen und neue Gewässer aufsuchen. Auch über Insekten und Wasservögel können die Sporen aus dem Teich in umliegende Gewässer übertragen werden. 

Ein besonders strittiges Thema bei der Haltung von amerikanischen Krebsen ist der Wasserwechsel - wohin mit dem Wechselwasser? In Wasserschutzgebieten sollte das Wechselwasser aus Aquarien mit amerikanischen Krebsen auf keinen Fall im Garten oder über den Regenwasserkanal entsorgt werden.

Es ist zwar noch nicht hundertprotzentig erwiesen, ob Kläranlagen den Eipilz vollständig abtöten, aber die Entsorgung über den Regenwasserkanal ist auf jeden Fall gefährlich, da dieses Wasser keinerlei Reinigungsprozeduren unterliegt und ungefiltert ins nächste Oberflächengewässer geleitet wird. Dort können sich die Sporen für einige Tage ausbreiten und in dieser Zeit über Insekten, Wasservögel oder den Menschen weiter auf umliegende Gewässer verbreitet werden.

Eine Entsorgung von Wechselwasser in den regulären Abwasserkanal scheint hingegen die sichere Alternative, wenn auch hier ein gewisses Gefährdungspotenzial vorliegt. Eine gute Alternative wäre, das Wasser mindestens 4 Wochen stehenzulassen und es dann über den Abwasserkanal zu entsorgen. Aber natürlich hat kaum ein Aquarianer diese Möglichkeit. Daher verwende ich das Wechselwasser zum Gießen meiner Zimmerpflanzen im ganzen Haus, da mir das als sicherste Möglichkeit erscheint. Mittlererweile versorge ich mit meinem Wechselwasser auch die Pflanzen im Büro und bei Freunden – nicht die schlechteste Möglichkeit da die Pflanzen so auch ohne Dünger super wachsen.


Mein Fazit

Jeder Krebshalter sollte sich über die Krebspest informieren, um eine weitere Ausbreitung durch Unwissenheit zu verhindern. Bitte sprecht auch Krebshalter in eurem Umfeld an, ob sie über diese Seuche informiert sind.

Einige Informationen in diesem Beitrag habe ich von anderen Publikationen übernommen, da meine Tiere zum Glück noch nie an der Krebspest erkrankt sind. Ich hoffe, dass ich die Informationen korrekt weitergegeben habe und will Euch ein paar weiterführende Links nicht vorenthalten:

www.crustahunter.com - Krebspest

www.crustakrankheiten.de - Krebspest 


... aber natürlich gibt es noch viele mehr.

 

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